Kanada!
Von Seattle aus fahren wir durch Bellingham, einer Hafenstadt, von der aus die Fähren nach Alaska starten. Wir pausieren im hübschen Vorort Fairhaven in einem sehr netten kleinen Café und dann geht es weiter über die Grenze. Ausreise aus den USA gibt es hier gar nicht, nur der kanadische Zollbeamte schaut unsere Pässe an, ist erstaunt, dass wir das Wohnmobil aus Deutschland hergeschifft haben und winkt uns über die Grenze. Den Stempel haben wir ja schon bei unserem Victoria-Ausflug bekommen. Das war ja einfach - und nun sind wir in Kanada.
Kanada ist nach Russland flächenmäßig das zweitgrößte Land der Erde und fast so groß wie Europa. In diesem riesigen Land leben aber nur 32 Millionen Menschen, die sich natürlich auf die Städte konzentrieren. Das Land gliedert sich in zehn Provinzen, von denen British Columbia eine ist, und drei Territorien. Englisch und Französisch sind die Amtssprachen, da die Provinz Quebec fast ganz französischsprachig ist. 1995 gab es ein Referendum, nachdem 50,6 % der Bevölkerung Quebecs für den Verbleib in Kanada und gegen einen Unabhängigkeit gestimmt haben. Hier in British Columbia lächeln die Leute etwas über die Quebecois, sie haben innerhalb Kanadas einen Sonderstatus.
Es gibt 632 verschiedene First Nations Stämme in Kanada, davon lebt ein Drittel in British Columbia. Doch insgesamt ist Kanada ein Einwandererland. Mehr als 95% der Einwohner sind in den letzten 200 Jahren eingewandert. Jeder zehnte Kanadier ist deutscher Herkunft, doch in den letzten 30 Jahren waren die Immigranten aus Asien mit 58% die größte Einwanderungsgruppe.
Kanada ist eine konstitutionelle Monarchie und Königin Elisabeth II. ist das Staatsoberhaupt, sie ist also Königin von Kanada, vertreten durch den Generalgouverneur David Johnston. Premierminister ist seit 2015 der erst 46jährige, liberale Justin Trudeau.
Wir haben uns einen kleinen Campingplatz in einem Vorort von Vancouver ausgesucht und bleiben dort zwei Nächte. An dem Tag dazwischen machen wir "notwendige" Dinge: Wir versuchen zwei neue Reifen zu bekommen, da unsere Vorderräder schon ziemlich abgefahren sind. Doch leider haben sie unseren Reifen nirgendwo vorrätig, nur in Edmonton wäre noch einer auf Lager. Also entschließen wir uns zur zweitbesten Alternative und lassen die vorderen mit den hinteren Reifen austauschen. Armin fühlt sich jetzt wieder sicherer und das ist auf den Straßen in Alaska auch gut so.
Wir gehen noch einkaufen und stellen fest, dass wir Kanada günstiger finden als die USA, im Gegensatz zu dem, was wir von vielen Amerikanern vorher gehört haben. Ansonsten vergnügen wir uns im Swimmingpool und im hot tub des Campingplatzes. Es ist zwar nicht sonnig, aber auch nicht kalt, so entspannen wir uns ein bisschen und Timba findet auf der riesigen Spielwiese einige Hunde zum spielen.
Vancouver
Wir beschließen uns doch auf den am nächsten zur Innenstadt gelegenen Campingplatz in Nord-Vancouver, den Capilano River RV Park, zu stellen. Er ist zwar relativ laut an einer Autobahnauffahrt gelegen, hat aber den Vorteil, dass wir schnell in Downtown und bei den Sehenswürdigkeiten sind. Er hat ebenfalls einen Pool und so ist es schon auszuhalten.
Vancouver punktet in vielen Umfragen. Ob als eine der schönsten Städte der Welt oder als eine der Großstädte mit der höchsten Lebensqualität - Vancouver ist immer vorne mit dabei.
Die 600.000 Einwohner (Umland 2,3 Millionen) große Stadt liegt traumhaft schön zwischen dem Küstengebirge, dem Fraser River und der Straße von Georgia, einem Meeresarm, der durch Vancouver Island vom Pazifik abgeschirmt wird. Ein Markenzeichen der Stadt ist ihre Internationalität. Die Bevölkerung hier setzt sich aus vielen verschiedenen ethnischen Kulturen und Religionen zusammen und das macht die Stadt so interessant.
Die Stadt ist nach dem britischen Kapitän George Vancouver benannt, der das Gebiet 1792 erkundete und vermaß. Zwanzig verschiedene indianische Stämme lebten zu dieser Zeit hier. Die wenigen Weißen verdienten in den nächsten Jahrzehnten mit Forstwirtschaft, Sägemühlen und Pelzhandel ihren Lebensunterhalt.
Das änderte sich schlagartig mit Beginn des Goldrauschs um 1860 . Zu dieser Zeit kam auch John Deighton nach Vancouver, der ein Fass Whiskey im Gepäck hatte und hier den ersten Saloon eröffnete. Sein Spitzname war gassy Jack und daher kommt heute noch die Bezeichnung für die Altstadt: Gastown.
Nachdem im Jahr 1887 festgelegt wurde, dass Vancouver der Endpunkt der transkontinentalen Eisenbahnlinie werden würde, kamen viele chinesische Arbeiter in die Stadt, die hier sesshaft wurden und auch einen regen Handel mit Asien aufbauten.
Vancouver wächst immer weiter. Auch der Hafen der Stadt spielt eine große wirtschaftliche Rolle, ist er doch bei Exporten der größte Hafendes Kontinents. Hier endet die Ölpipeline aus Alberta und von hier wird das Öl nach Asien verschifft.
Spätestens seit der Weltausstellung Expo 86 und den olympischen Winterspielen 2010 ist Vancouver zu einer Weltstadt und zu einem sehr beliebten Reiseziel für Touristen geworden.
Auf dem Campingplatz treffen wir dann auch sehr viele Deutsche, die Vancouver als Anfangs- oder Endpunkt ihrer Reise gewählt haben. Wir bekommen einige Vorräte geschenkt, begegnen mal wieder Overlandern und kommen mit vielen ins Gespräch, was recht interessant ist. Eine Familie hat eine zweiwöchige Tour von Calgary nach Vancouver gemacht und der 14-jährige Sohn erzählte stolz von den sechs Bären, die sie gesehen haben.
Wir treffen Ruth und Stefan aus der Nähe von Emden, die auch gerade drei Wochen Westkanada hinter sich haben und uns ihre Fahrräder verkaufen. Diese sehen deutlich besser aus als unsere und sie überlassen sie uns netterweise sehr günstig. Zu den Fahrrädern dazu gibt es zwei Helme, denn in British Columbia besteht Helmpflicht für Fahrradfahrer. Ruth und Stefan sind so in unserem Alter und wir helfen ihre restlichen Wein- und Biervorräte zu vernichten. Wir verbringen einen sehr schönen Abend zusammen.
An unserem Regentag beschließen wir das bekannte anthropologische Museum von Vancouver zu besuchen. Sehr gut und anschaulich wird hier die Geschichte der First Nations anhand von Masken, Totempfählen und Kanus dargestellt und bei einer Führung erfahren wir alles über das "Potlatch". Dies ist eine Zeremonie, die von den indianischen Familien immer noch durchgeführt wird, wenn es einen Trauerfall gibt oder die Initation der Jugendlichen ins Erwachsenenalter gefeiert wird.
Am nächsten Tag fahren wir nach downtown. Durch Zufall finden wir eine kaputte Parkuhr, bei der wir uns hinstellen und nichts zahlen müssen. Wir schauen uns den Canada Place, den kanadischen Pavillon der Weltausstellung an, eine riesige Segelkonstruktion unter der jetzt die Messehallen befinden und der gleichzeitig das Hafengebäude für die Kreuzfahrtschiffe ist. Armin ist ganz fasziniert von dem Wasserflughafen, wo wir mehrere Starts und Landungen beobachten.
Weiter gehts nach Gastown, dem Ursprungsviertel von Vancouver. Hier steht die berühmte, dampfbetriebene Steam Clock und die Statue von Gassy Jack auf seinem Whiskeyfass. Hier gibt es natürlich auch viele typischen Touristenläden, doch es ist recht nett durchzubummeln.
Nach einer Pause in einem Café wandern wir noch Richtung Robson Street, der eigentlichen Einkaufsstraße in Vancouver. Alle großen Ketten sind hier vertreten, wir schauen uns den Flagshipstore von Louloulemon an (ich kaufe natürlich etwas für Julia) und kaufen uns in einem Sportladen heruntergesetzte, sehr schöne Goretex-Jacken, nachdem unsere schon über 20 Jahre auf dem Buckel haben. Hoffentlich brauchen wir sie nicht so oft.
Nachdem wir in einer deutschen Bäckerei noch echtes Bauernbrot gefunden haben, verbringen wir den Abend auf dem Campingplatz, essen unseren leckeren Lachs auf Brot und erholen uns von sechs Stunden Stadtbesichtigung (14.000 Schritte: Armins Handy zählt immer mit) im Swimmingpool.
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