Thousand Islands
Spontan beschließen wir auf unserer schönen Insel noch eine zweite Nacht zu bleiben. Es gefällt uns gut, das Wetter spielt auch noch mit – es hat um die 24 Grad und ist meistens sonnig- und so unternehmen wir noch eine schöne Radtour entlang dem Lake Ontario.
Am nächsten Morgen geht es weiter zu den Tausend Inseln. Dies ist ein Gebiet am östlichen Ende des Lake Ontario, in dem der St Lawrence River als breiter Abfluss den See verlässt. In dieser Mündung liegen ungefähr 1800 Inseln, von denen etwa zwei Drittel schon zu Kanada gehören, denn der Fluss ist die Grenze zwischen den USA und dem nördlichen Nachbarn. Inseln aller Größen gehören dazu, manche haben nur Platz für ein paar Bäume, andere beherbergen große Häuser und auf Heart Island findet man sogar eine nachgebaute Burg vom Rhein, Boldt Castle. Dieses Schloss mit spitzen Giebeln und Rundtürmen ist von George Boldt, dem Besitzer des Waldorf Astoria Hotels in New York als Liebesbeweis für seine Frau erbaut worden.
Wir fahren nach Clayton, einer netten, kleinen Hafenstadt und stellen fest, dass der Schiffsverkehr zu den Inseln stark eingeschränkt ist, da wir uns schon in der Nachsaison befinden und somit können wir uns Boldt Castle leider nicht anschauen.
Die Orte und die Häuser hier wirken schon fast wie in Neuengland. Sehr ordentlich, große Herrschaftshäuser mit riesigen Gärten, deren Rasen samstags mit dem Aufsitzrasenmäher gemäht wird.
Adirondacks
Nachdem wir die etwas nichtssagende Stadt Watertown hinter uns gelassen haben, nähern wir uns den Adirondacks.
Die Adirondacks gehören zu der Gebirgsgruppe der Appalachen und sind ein 24.000 Quadratkilometer großes Naturschutzgebiet, das ungefähr so groß ist wie der Staat Vermont. Über die Hälfte des Gebiets ist unerschlossene Wildnis mit 2300 klaren, fischreichen Seen und zahllosen Flüssen. Der höchste Berg des Staates New York, der mit 1629 Metern hohe Mount Marcy, liegt in der Nähe von Lake Placid, dem Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1932 und 1980.
Wir erleben eine eindrucksvolle, teilweise unberührte Wald- und Berglandschaft und sind begeistert von der Farbenpracht des Indian Summer. Wunderschöne Farbtöne in allen gelben, orangen und roten Farbschattierungen umgeben uns. So intensive Farben haben wir noch nie an Bäumen gesehen. Die Algonkin-Indianer glaubten, dass das Rot der Bäume vom Großen Bären stamme, den der himmlische Jäger im Herbst erlegt habe und dessen Blut nun auf die Erde tropfe. Die wissenschaftliche Erklärung der besonders lebhaften Laubfärbung liegt in dem Artenreichtum der Laubwälder. Zwanzig verschiedene Ahornarten und neun verschiedene Eichenarten haben sich hier nach der letzten Eiszeit wieder angesiedelt und die sorgen für die atemberaubende Farbenpracht.
Wir fahren am Tupper Lake entlang bis zum Saranac Lake, wo wir uns auf einen Campingplatz setzen. Wir unternehmen noch eine Radtour und verfahren uns an diesen vielen Seen. Der Campingplatz liegt an einer Seenkette aus mindestens vier bis fünf Seen, von denen jeder so groß oder größer ist als der Wesslinger See und die kompletten Uferbereiche rund um die Seen sind Campingstellplätze. Man kann sich in Europa gar nicht vorstellen, wie riesig das ist. Wir wollen den Weg abkürzen und landen an einem ganz anderen See. Nach ungefähr einer Stunde finden wir zurück, zünden endlich erleichtert unser Lagerfeuer an und genießen den milden Abend. Nicht nur Timba ist jetzt müde.
Am nächsten Morgen geht es noch tiefer in die Adirondacks hinein. Die Sonne begleitet uns und intensiviert die traumhafte Farbpalette von gelb bis rot noch.
Wir pausieren in Lake Placid. Für uns ist es erstaunlich, dass hier gleich zweimal die Olympischen Winterspiele stattfanden: 1932 und 1980. Zum Skifahren sind wir die Alpen gewöhnt und hier suchen wir hohe Berge vergeblich. Lake Placid liegt an zwei Seen und ist ein netter, kleiner Gebirgsort vergleichbar mit Kitzbühl oder St. Johann, es gibt halt nur keine „richtigen“ Berge rundherum. Trotzdem ist es recht schön hier entlang zu bummeln und einen Latte Macchiato zu trinken. Seitdem Armin auch einen trinkt, macht es noch mehr Spaß.
Ausable Chasm
Weiter gehts zu der wildromantischen Ausable Chasm Schlucht. Seit 1870 besuchen Touristen schon durch die enge Schlucht des Ausable River. Wir wandern zwei Kilometer auf einem Steg über steinerne Stufen, hölzerne Treppen und Brücken direkt an der Felswand entlang (ein bisschen wie in der Höllentalklamm) und erreichen schließlich den Punkt, wo unsere gebuchte Raftingtour beginnt. Mit einem Gummiboot, welches zehn Personen fasst, treiben wir den Fluss entlang und der Führer erzählt von der Geschichte und Geologie der Schlucht. Sehr eindrucksvoll ragen die steilen Felswände rechts und links von uns auf, einmal geht es über ein paar Stromschnellen und nach zwanzig Minuten ist die Fahrt leider schon wieder vorbei.
Vermont
Wir verlassen die Adirondacks und überqueren mit der Fähre den riesigen Lake Champlain und damit auch die Staatsgrenze von New York State und Vermont, die wieder einmal mitten durch den See verläuft.
Dieser 180 Kilometer lange und bis zu 19 Kilometer breite See bildete auch früher schon die Grenze für die Stämme der Algonkin-Indianer im Westen und der Irokesen im Osten. Samuel de Champlain entdeckte 1609 diesen nach ihm benannten See, der jedoch seit 1817 zum Staatsgebiet der USA gehört.
In dem nach den Verts Monts, den grünen Bergen, benannten Bundesstaat, Vermont sind 60 % der Fläche mit Wald bedeckt. Es ist hauptsächlich "Bauernland" und so gibt es viel Rinderhaltung und Milchwirtschaft. Die berühmte Eiscrememarke Ben & Jerry hat hier ihren Anfang gefunden und es wird viel Ahornsirup produziert. Die Hauptstadt ist das kleine etwa 8000 Einwohner große Mountpelier.
Geschichtlich gesehen mussten die Bewohner erst gegen die Franzosen und anschließend unter der Führung Ethan Allens gegen New York und dann gegen die Briten um die Unabhängigkeit kämpfen .
1777 wurde Vermont schließlich unabhängig und 1791 als 14. Staat in die Union aufgenommen.
Burlington
Gegen Abend erreichen wir Burlington, die größte Stadt in Vermont und eine unserer Lieblingsstädte in den USA. Vor vier Jahren haben wir Burlington das erste Mal besucht und waren damals schon begeistert. Die 40.000 Einwohner große Universitätsstadt wirkt, dadurch dass sie eine wunderschöne Fußgängerzone hat, sehr europäisch. Das Leben spielt sich nicht in irgendwelchen Shoppingmalls ab, sondern in der Innenstadt, in der abends noch das Leben tobt. Studenten flanieren durch die Geschäfte, viele französisch-kanadische Touristen sind an diesem verlängerten Wochenende (Columbus Day in den USA und Thanksgiving in Kanada) in der Stadt und wir haben Mühe in einem netten Restaurant draußen einen Tisch zu ergattern. Es hat abends noch angenehme 20 Grad und hier ist es ähnlich wie in Mexiko: wir sitzen in einer Bar, genießen das Leben um uns herum und beobachten die Leute, die vorbei flanieren. Das gibt es in den USA eher selten.
Am nächsten Tag schüttet es bis abends. Wir lassen uns die Laune nicht vermiesen, schauen uns unter dem Schirm die Stadt an und beschließen noch einen Tag länger zu bleiben.
Als wir dann aufwachen, lacht die Sonne wieder vom Himmel und wir genießen die Fußgängerzone von Burlington. Diese ist nur entstanden, weil ein Architekturstudent in Kopenhagen auf Austausch war und dort erlebt hatte, wie die dortige Fußgängerzone entstand und sich eine befahrenen Straße in eine beschauliche Ruhezone verwandelt hat. Nachdem er wieder zuhause in Burlington war, engagierte er sich politisch um dies auch hier umzusetzen, was ihm gut gelang , wie wir heute sehen können.
Wir genießen den Radweg am See entlang, der vom Campingplatz in die Stadt führt und gehen nach unserem Stadtbummel sogar noch schwimmen. Der See hat ungefähr 18 Grad und es ist herrlich erfrischend.
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