· 

Wieder in den USA

New Hampshire

In Kanada führt uns unser Navi wieder einmal eine seltsame kleine Straße entlang, die zur Grenze führt. Sie wird immer enger und dann hört auch noch der Teer auf. Der Grenzübergang ist auf einem Hügel und wir sind das einzige Auto weit und breit. Die Grenzbeamten freuen sich über die Abwechslung und mit unserem deutschen Auto sind wir hier das Ereignis des Tages. Wir parken in einer Art Garage, die im Winter sicher hilfreich ist gegen Kälte und Schnee. Wir sind jetzt zehnmal über die kanadisch-amerikanische Grenze gefahren, noch kein Mal sind wir untersucht worden. Diesmal besichtigt der Grenzer unser Wohnmobil und findet in unserem Kühlschrank Tomaten aus Kanada, die er konfiszieren muss. Immerhin lässt er uns den Lauch und die Eier, denn ich versichere ihm, dass wir diese in USA gekauft haben, was nicht so ganz stimmt. Nachdem wir uns noch ein bisschen unterhalten haben, fahren wir weiter in den Bundesstaat New Hampshire.

 

New Hampshire ist ein kleiner Bundesstaat in Neuengland, der im Westen an Vermont, im Osten an Maine und im Süden an Massachusetts grenzt. Die kleine Hauptstadt mit 40.000 Einwohnern heißt Concord. Insgesamt leben in dem Staat ungefähr 1,3 Millionen Einwohner, die dafür bekannt sind, dass sie gerne unabhängig denken. "Live free or die" ist das Motto des Staates und dementsprechend sehen wir an den Straßenränder Schilder mit der Aufschrift: Buckle up if you are under 18. Das heißt, hier gibt es weder eine Anschnallpflicht für Autofahrer noch eine Helmpflicht für Motorradfahrer. Der Bürger ist selbst verantwortlich für sein Handeln. 

Das liegt auch mit in der Geschichte begründet. New Hampshire gründete als erste Kolonie eine Regierung, verabschiedete eine Verfassung und wurde mit den neu gegründeten Vereinigten Staaten unabhängig. Der zweite Name New Hampshires, Granite State, weist auf die großen Granitvorkommen in den White Mountains hin. Eines der berühmtesten Bauwerke, das aus diesem Granit hergestellt worden ist, ist die Library of Congress in Washington D.C. 

Es wird jetzt immer schwieriger noch geöffnete Campingplätze zu finden, doch in den nördlichen White Mountains finden wir noch einen Stellplatz mit einem herrlichen Blick in die Landschaft, auf dem wir allerdings die einzigen Gäste sind. In der Nacht haben wir zum ersten Mal Bodenfrost, doch am Morgen scheint die Sonne wieder.

 

White Mountains

Mount Washington
Mount Washington

Die White Mountains sind Teil der Appalachen, die sich von Kanada südwärts bis zum Bundesstaat Alabama ziehen. Der höchste Gipfel ist mit 1917 Metern der Mount Washington. Diese "weißen Berge" sind das Herzstück von New Hampshire und die Landschaft hier ist geprägt von tiefen Schluchten, eingeschnittenen Flusstälern (Notches) und kleinen Ortschaften. Wir fahren eine in unserem Führer beschriebene scenic route, die uns auf einer 150 Kilometer langen Runde durch die White Mountains führt. Jetzt im Herbst sind die Farben der Blätter wunderschön. Besonders am bekannten Kancamagus Highway, der ersten Ost-West-Verbindung durch die White Mountains erleben wir noch die gelb-orange Farbenpracht. 

 

Schon im 19. Jahrhundert war diese Gegend ein beliebtes Reiseziel. Davon zeugt das eindrucksvolle Mount Washington Hotel in Bretton Woods. Armin und ich haben herumgerätselt, woher wir den Namen Bretton Woods kennen, bis wir im Führer gelesen haben, dass hier 1944 die Währungs- und Finanzkonferenz der Vereinten Nationen stattfand und sowohl der Internationale Währungsfonds als auch die Weltbank hier eingerichtet wurden. Kernpunkt des Abkommens ist ein System fester, aber anpassungsfähiger Wechselkurse mit dem amerikanischen Dollar als Leitwährung für den internationalen Handel. Seit 1952 gehört auch die Bundesrepublik Deutschland dazu.

 

Eine Besonderheit der Gegend sind die bekannten Covered Bridges. Dies sind überdachte Brücken, die einen Fluss überspannen. Warum sie ausgerechnet hier gehäuft vorkommen, weiß man nicht genau, aber es wird angenommen, dass die Brücken wegen der Wetterverhältnisse überdacht wurden. Aus diesem Anlass haben wir uns gestern Abend den wunderschönen Film "Brücken am Fluss" mit Clint Eastwood und Meryl Streep angesehen. Dies führte natürlich gleich zu der Diskussion, wieviel jeder für die Beziehung und für die Familie aufgibt. Wir konnten uns jedoch friedlich einigen.

 

Am Abend finden wir einen Campingplatz in der Nähe von Concord und es gibt auch nach zehnmonatiger Reisezeit noch Premieren. Das erste Mal mussten wir auf einem Campingplatz Timbas Tollwutzertifikat herzeigen, damit die Campingplatzbesitzer abgesichert sind, falls ein anderer Gast von unserem Hund gebissen wird.

Massachusetts

In der Nähe des Campingplatzes ist die Laubfärbung wunderschön und so suchen wir uns in der Morgensonne einen kleinen See um noch einige Photos aufzunehmen. Timba freut sich über den Spaziergang. 

Anschließend machen wir uns auf den Weg nach Boston und überqueren die Grenze nach Massachussetts.

 

Massachussetts liegt  am Atlantik und trägt den Beinamen "Baystate". Mit knapp sieben Millionen Einwohnern, von denen fast 80 Prozent im Großraum Boston wohnen, ist es der bevölkerungsreichste Staat der Neuenglandstaaten. Es ist außerdem ein sehr geschichtsträchtiger Staat. Die ersten Siedler waren die berühmten Pilgrim Fathers, die 1620 mit der Mayflower in Plymouth landeten. Im 18. Jahrhundert war Massachussetts eine der dreizehn Kolonien, die sich während der amerikanischen Revolution gegen England auflehnten. Die Gegend war während des amerikanischen Bürgerkriegs ein Zentrum der Skalvereigegner  und im 19. Jahrhundert der führende Staat in der industriellen Revolution. Hier war auch das Zentrum des amerikanischen Transzendentalismus. Henry David Thoreau und Ralph Waldo Emerson führten diese Literaturbewegung an, die sich gegen das traditionelle rationalistische Denken in Staat, Kirche, Erziehung und Philosophie wandte. Eine Gruppe von etwa 30 Intellektuellen diskutierten in der Mitte des 19. Jahrhunderts regelmäßig über theologische, philosophische und literarische Probleme und suchten in der Hinwendung zur Natur und in der Verwirklichung der eigenen Individualität den Lebenssinn. Heute noch bekannt ist das Buch "Walden" von Henry David Thoreau, der zwei Jahre lang in einer Blockhütte bei Concord das einfache Leben ausprobierte und darüber dieses Buch schrieb.

 Massachussetts war immer schon ein Zentrum der Bildung, was auch an den berühmten Universitäten liegt, der University of Massachussetts, der Havard University und dem MIT, dem Massachussetts Institut of Technology.

Boston

Boston ist die Hauptstadt des Bundesstaates Massachussetts und eine der ältesten und kulturell reichsten Städte in den USA. Die Hafen-, Handels- und Industriestadt liegt an der Mündung des Charles River in der Massachussetts Bay. Sie ist eines der bedeutendsten Finanzzentren der Ostküste.

Die Stadt wurde 1630 von dem Puritaner John Winthorp gegründet. Viele der puritanischen Werte wie Gottesfürchtigkeit und Bildung sind heute noch Leitbild vieler Bewohner Neuenglands. Bekannt wurde Boston vor allem durch die Boston Tea Party vom 16. Dezember 1773. Das britische Parlament wollte die Teesteuer erhöhen, wogegen die Siedler in Boston protestierten und den ganzen Tee ins Meer warfen. Diese Aktion löste den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg aus. Noch heute kann man in Boston einem "Freedom Trail" folgen und verschiedene, historisch wichtige Stätten des Freiheitskampfes besichtigen.

 

Wir waren vor drei Jahren mit Julia schon einmal hier und haben uns die Stadt ausführlich angeschaut. Diesmal wollen wir hier nur einen Tag verbringen und uns dann in Hingham, einem Vorort von Boston auf den Campingplatz setzen, den wir schon von vor drei Jahren kennen.

Wir schwingen uns auf die Fahrräder und radeln zuerst einmal zur wunderschönen, altehrwürdigen Public Library of Boston, in der es einen hübschen Innenhof mit Café gibt. Danach geht es kreuz und quer durch die Stadt zum ältesten öffentlichen Park der USA, dem Boston Common, der schon 1634 angelegt wurde. Die Straßen hier sind gesäumt von wunderschönen, eleganten Reihenhäusern und die Commonwealth Avenue gilt als Champs Elysee von Boston. Die Amerikaner hängen halt dann doch an europäischen Vorbildern.

Wir bummeln durch die nicht ganz so noble, aber uns und vielen Studenten besser liegende Newbury Road und radeln anschließend zum Hafen. Timba wartet währenddessen wieder einmal im Auto auf uns und freut sich, als wir danach mit ihm zum nahe gelegenen Hundespielplatz gehen. Dort kann er ordentlich toben.

 

Nachdem wir beim Whole Foods nicht nur eingekauft, sondern gleich etwas gegessen haben, leitet uns unser Navi nach Hingham. Als wir ankommen, ist es dunkel und der Campingplatz ist geschlossen. Da es um Boston herum wenige Campingplätze gibt, übernachten wir auf dem "Lieblingübernachtungsanbieter" von Lore und Dieter (die wir in Mexiko getroffen haben), dem Walmart-Parkplatz. In den USA darf man offiziell nicht wild campen, aber man darf auf jedem Walmart-Parkplatz übernachten. Da die Walmarts lange Öffnungszeiten haben, hat man bis Mitternacht geöffnete Toiletten und außerdem freies Internet. Wir suchen uns also den nächsten Walmart und finden an der Seite auch ein einigermaßen dunkles Plätzchen, wo wir uns hinstellen und eine ruhige Nacht verbringen.  Auch hier wieder einmal eine Premiere auf unserer Reise. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    lore+Dieter (Montag, 30 Oktober 2017 14:03)

    Lesen mit Begeisterung Euren blog! ! Hoffentlich hat es Euch gefallen bei unserem "Lieblingsübernachtungsanbieter". Wir waren immer sehr zufrieden! Alles da, was der Reisende mit kleinem Budget braucht! Wichtig: gute Ohrenstöpsel! Meist stadtnah, so haben wir NY erkundet! Mit denöffentlichen Verkehrsmitteln war es einfach von New Jersey Wali nach NY zu gelangen! Eure Reise geht wohl auch dem Ende entgegen? Wir sind in Planung, nach einem Winter zuhause, neue Ziele zu finden! Alles Gute! Bussi L+D